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Umsatzsteuerermäßigte Behandlung von Leistungen im Bereich der Vermögensverwaltung gemeinnütziger Körperschaften unionsrechtswidrig

Erbringen gemeinnützige Körperschaften nach nationalem Recht umsatzsteuerpflichtige Leistungen, ist der ermäßigte Steuersatz anzuwenden, sofern kein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb vorliegt, § 12 Abs. 2 Nr. 8a UStG. Im Umkehrschluss wurde bisher bei Leistungen im Rahmen der Vermögensverwaltung der ermäßigte Steuersatz angewandt.

22.03.2017

I. Bisherige Praxis

Erbringen gemeinnützige Körperschaften nach nationalem Recht umsatzsteuerpflichtige Leistungen, ist der ermäßigte Steuersatz anzuwenden, sofern kein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb vorliegt, § 12 Abs. 2 Nr. 8a UStG. Im Umkehrschluss wurde bisher bei Leistungen im Rahmen der Vermögensverwaltung der ermäßigte Steuersatz angewandt.

II. Unionsrecht

Das Unionsrecht erlaubt die Anwendung eines ermäßigten Steuersatzes nach Art. 98 Abs. 2 und 3 MwStSystRL i.V.m. Anhang III Nr. 15 allerdings nur bei Leistungen gemeinnütziger Einrichtungen für wohltätige Zwecke oder im Bereich der sozialen Sicherheit. § 12 Abs. 2 Nr. 8a UStG ist somit unionsrechtswidrig, weil er alle Leistungen gemeinnütziger Körperschaften erfasst.

III. Handhabung des BFH (Urt. v. 10.8.2016 – V R 14/15 und Urt. v. 20.3.2014 – V R 4/13)

Im Rahmen der Auslegung des Europäischen und nationalen Rechts legt der BFH die Tatbestände, die zur Anwendung des Regelsteuersatzes führen, weit und die, die zur Anwendung des ermäßigten Steuersatzes führen, eng aus. Folglich ist der Begriff des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs weit auszulegen und umfasst deshalb jegliche unternehmerische Tätigkeit nach § 2 Abs. 1 UStG. Somit liegt eine Vermögensverwaltung nur noch bei nichtwirtschaftlichen Tätigkeiten, wie dem bloßen Halten von Gesellschaftsanteilen, vor. Die entgeltlich (gegen Mitgliedsbeiträge) erfolgende Überlassung von Sportstätten, Vereinsräumlichkeiten usw. unterliegt somit dem Regelsteuersatz.

IV. Ausblick

Anders als nach nationalem Recht ist somit nach Unionsrecht auch die Überlassung von Sportanlagen durch Einrichtungen ohne Gewinnstreben steuerfrei, Art. 132 (1) lit. m) MwStSystRL. Die Frage nach dem ermäßigten Umsatzsteuersatz stellt sich daher nach Unionsrecht nicht.

Die BFH-Rechtsprechung hat daher wesentliche Bedeutung für die Gestaltungen, bei denen sich Sportvereine bei der Überlassung von Sportanlagen, Vereinshäusern etc. – unionsrechtswidrig – auf den ermäßigten Steuersatz des § 12 Abs. 2 Nr. 8a UStG berufen und dann die Vorsteuer aus den Investitions- und Unterhaltskosten geltend gemacht haben. Hieraus ergab sich regelmäßig nicht nur ein Zins-, sondern auch ein Steuerentlastungseffekt.

Die betreffenden Vereine werden nunmehr den Regelsteuersatz in Kauf nehmen müssen, solange der nationale Gesetzgeber nicht von der Ermächtigung in Art. 98 MwStSystRL i.V.m. Anh. III Nr. 14 Gebrauch macht und die „Überlassung von Sportanlagen“ umfassend und nicht nur die von Schwimmbädern (§ 12 Abs. 2 Nr. 9 UStG) im nationalen Recht dem ermäßigten Steuersatz unterwirft. Was ihre sonstigen Leistungen angeht, verbleibt den Vereinen aber jedenfalls die Berufung auf das Unionsrecht, Art. 98 MwStSystRL i.V.m. Anh. III Nr. 15 i.V.m. § 12 Abs. 2 Nr. 8a UStG.

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